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Guckst Du | Texte | Mondo - Fragen an einen Zen-Meister

Tiefes Verständnis

Frage:
Was ist mit „tiefem Verständnis“ gemeint?

Roland Yuno Rech:
Wenn wir meinen, etwas verstanden zu haben, geschieht es auf intellektueller Ebene. Ein tiefes Verständnis bedeutet, etwas mit Körper und Geist zu verinnerlichen, das heißt auch mit dem Unbewussten. Wirklich aus den Tiefen seines Wesens zu verstehen, so dass es keinen inneren Widerstand mehr gibt, dem zu folgen, was man verstanden hat.

Zum Beispiel kann man verstehen, dass es völlig absurd ist, egozentrisch zu sein, denn unser Ego ist nicht das Zentrum der Welt. Das kann man durchaus erklären. Aber selbst wenn man es verstanden hat, hindert es einen nicht daran, kaum, dass man sich umgedreht hat, sich egozentrisch zu verhalten. In diesem Moment denkt man nicht einmal nach! Es ist fast eine Konditionierung. Wir sind durch jahrzehntelanges, egozentrisches Verhalten konditioniert. Um uns davon zu befreien und dieses Verhalten loszulassen, brauchen wir wirklich eine Revolution, die durch Körper und Geist geht. Intellektuelles Verständnis ist leicht zu erlangen. Ein tiefes Verständnis bindet hingegen den Körper und damit auch das Unbewusste mit ein.

Aufgrund alter Antriebe handeln wir impulsiv, automatisch und konditioniert. Ein Verständnis, das wir erlangt zu haben glauben, wir dabei meistens überhaupt nicht berücksichtigt. Weil wir es nicht verinnerlicht haben, bleibt es an der Oberfläche und hat keinen Einfluss auf unser Verhalten.

Wir sprechen viel über Bonno, das heißt, über Illusionen, Leidenschaften, die zu Anhaftungen führen und damit Leiden verursachen. Aber wir reden wohl zu wenig über unsere Gewohnheiten, unsere Konditionierungen. Sehr oft machen wir Fehler, einfach weil wir konditioniert sind, weil wir daran gewöhnt sind, auf diese oder jene Weise zu reagieren. Manchmal sind es nicht unsere Illusionen, die uns dazu bringen, auf gewisse Weise zu handeln, sondern unsere Gewohnheiten. Daher ist es sehr wichtig, seine Gewohnheiten zu ändern. Andernfalls können wir nicht in Harmonie mit dem leben, was wir verstanden haben, und sind daher uneins.

Das bedeutet, wir müssen uns selbst beobachten und erkennen, was uns zum Handeln bewegt. Um nicht in jeder Situation auf übliche Weise zu reagieren, muss unser Geist wach und präsent sein, wie im Zazen. Und wem erst im Nachhinein bewusstgeworden ist, dass er aus Gewohnheit nicht unbedingt auf richtige Weise gehandelt hat, hat es immerhin erkannt. Das hilft ihm, bei der nächsten, ähnlichen Situation seine Gewohnheiten hinter sich zu lassen und anders zu reagieren.

Es handelt sich hier um ein sehr altes Problem. Berühmte Philosophen wie Leibnitz sagten: „Ich weiß, was richtig ist, und tue, was falsch ist!“ Auch wenn ich viel nachgedacht habe und genau weiß, was richtig ist, tue ich das Falsche. Nicht immer, aber sehr oft, das passiert uns allen. Wir müssen uns daher immer wieder beobachten, um nicht in alte Automatismen zu verfallen.

Ein Sesshin ist eine sehr gute Gelegenheit, um zu lernen, seine Gewohnheiten zu ändern. Wir stehen zu einer vielleicht unüblichen Zeit auf. Zum Frühstück essen wir Reissuppe statt Butterbrote. Überhaupt essen wir beim Sesshin ganz anders als Zuhause oder im Restaurant. Wir essen schweigend und wählen unsere Nahrung nicht aus. Wir richten uns nach einem vorgegebenen Zeitplan und erledigen unsere Tätigkeiten bewusst und konzentriert, Körper und Geist in Einheit. Anstatt vor allem unseren Wünschen zu folgen, harmonisieren wir uns mit den anderen. Das geht nur, wenn wir bereit sind, unsere Gewohnheiten hinter uns zu lassen.

Ro-1811 09/19

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