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Guckst Du | Texte | Mondo - Fragen an einen Zen-Meister

Anhaftungen aufgeben

Frage:
Im Zen geht es darum, sich von seinen Anhaftungen zu befreien. Anhaftungen entstehen oft aus Wünschen. Sollte man also versuchen, seine Wünsche aufzugeben? Für mich sind Wünsche Vergnügungen, kleine Quellen des Lebens. Ist das Aufgeben von Wünschen oder Anhaftungen nicht eine Art Sterben?

Roland Yuno Rech:
Ja, natürlich, aber es ist Sterben, um wiedergeboren zu werden. Man lässt sein Ego, das ständig irgendwelchen Wunschobjekten anhaftet, hinter sich, um in eine andere Dimension seines Lebens wiedergeboren zu werden. Denn wer viele kleine Wünschen oder Gelüsten hat und seinen Wunschobjekten nachhängt, hat die tiefe Dimension seiner Existenz noch nicht realisiert. Er hat die andere Dimension noch nicht erfahren, die über das kleine Ego hinausgeht. Daher ist sein Leben ist nicht befriedigend und er fühlt sich beengt.

Das ist es, was Buddha dukkha nannte, eine grundlegende Unzufriedenheit. Die Unzufriedenheit, die daraus entsteht, dass wir nicht bekommen, was wir wollen und dem nicht aus dem Weg gehen können, was wir nicht mögen. Die Unzufriedenheit, die entsteht, wenn wir nicht verstehen und akzeptieren können, dass unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit nicht unseren Vorstellungen und Wünschen entspricht. Diese Unzufriedenheit ist Ursache von Leiden.

Mit vielen kleinen Wünschen versuchen wir, einen grundlegenden Mangel zu kompensieren. Wir laufen allen möglichen Dingen hinterher und freuen uns, wenn wir sie erlangen. Diese Freude währt allerdings nur kurz, und der grundlegende Mangel wird wieder spürbar. Wenn wir dem Weg folgen, gehört es zu den wesentlichen Dingen, diesen Prozess zu erkennen und zu verstehen, damit wir diese unaufhörliche Jagd nach allerlei Wünschen aufgeben können. Sie zerstreut unseren Geist und kostet viel Energie.

Der Weg Buddhas ist ein Weg der Mitte, vor allem ist er kein Weg der Kasteiung. Man lässt seine kleinen Wünsche los, um seinen wahren, großen Wunsch zu erfüllen. Meister Deshimaru sagte oft: „Gewöhnliche Menschen haben alle möglichen kleinen Wünsche. Der Bodhisattva, der Mensch, der vom Geist des Erwachens, bodai shin, angeregt wird, hat nur einen einzigen großen Wunsch.“ Er hat den Wunsch, mit allen Wesen und zum Wohl aller Wesen zu erwachen.

Solange man tagein, tagaus damit beschäftigt ist, seinen Wünschen zu folgen, ist der Geist nicht offen genug, um diesen wahren, großen Wunsch zu erkennen. Man lässt ja keinen Raum, um an etwas anderes zu denken. Man denkt nicht über das Leben nach, nicht über den Tod oder die Vergänglichkeit.
Das Verfolgen kleiner Wünschen ist unterhaltsam aber auch eine Ausflucht, um den grundlegenden Mangel nicht zu spüren. Wenn man sich der tiefen Wirklichkeit des Lebens entzieht, wird man es im Moment des Sterbens möglicherweise bedauern.

Aus diesem Grund ist es wichtig, eine Zeit lang Abstand von all den Wünschen zu nehmen, die uns unaufhörlich beschäftigen und letzten Endes überladen. Im Zazen, wenn wir auf Körperhaltung und Atmung konzentriert sind und nicht unseren Vorlieben oder Abneigungen folgen, können wir erfahren, wie unser Geist wieder frei und offen wird für die tiefe Dimension unserer Existenz, die über alle kleinen täglichen Wünsche hinausgeht.

RoSi-1505 10/17

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