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Guckst Du | Texte | Mondo - Fragen an einen Zen-Meister

Lieben ohne Leiden zu verursachen

Frage:
Kann man lieben, ohne Leiden zu verursachen?

Roland Yuno Rech:
Shantideva sagte: „Lieben heißt Leiden.“ Automatisch. Das ist ein wirkliches Problem. Manchmal stelle ich diesen Satz in Zweifel, stelle dann aber fest, dass Shantideva letztlich Recht hatte, außer, wenn man wirklich ohne Anhaftung liebt. Es ist aber sehr schwierig, ohne Anhaftung zu lieben, wie jeder weiß. Dennoch denke ich, anstatt die Liebe aus seinem Leben auszulöschen, sollte man das Risiko des Leidens eingehen und das Leiden minimieren, indem man versucht, auf möglichst wenig egoistische Weise zu lieben.

Es gibt alle möglichen Arten von Liebe. Manche Arten von Liebe sind Ursache von großem Leiden. Sie sind sehr leidenschaftlich, besitzergreifend und führen zu Eifersucht und Aggression. Es ist wirklich „Leidenschaft“. Andere Arten von Liebe sind wohlwollend. Man akzeptiert den anderen, so wie er ist, und möchte ihm helfen, sich zu verwirklichen. In diesem Fall erzeugt die Liebe weniger Leiden, aber ganz kann man es nicht vermeiden. Wenn der Person, die man liebt, ein Unglück geschieht, leidet man.

Nun kann man sagen, wer die ganze Menschheit liebt, wird andauernd leiden, denn Leiden gibt es überall. Das ist mein Koan. Lieben ist Leiden. Daher glaube ich, man sollte nicht versuchen, das Leiden um jeden Preis zu beseitigen. Das ist meine große Diskussion mit Buddha.
Im Buddhismus geht es immer darum, Leiden zu beseitigen. Natürlich müssen wir das Leiden beseitigen, das wir selber aufgrund unserer Illusionen erzeugen. Es ist die Basis unserer Praxis. Aber es gibt Leiden in der Welt, das nicht von Illusionen verursacht wird: Krankheit, Unfälle, Tod, alle Arten von Phänomenen, die Leiden verursachen und nicht aus Illusionen heraus entstehen. Eine Krankheit kann sehr schmerzhaft sein, das ist keine Illusion. Wer an Karma glaubt, kann Krankheiten oder Unfälle auf sein schlechtes Karma zurückführen und sich sagen, letztlich ist es eine Gelegenheit, um sein Karma zu verändern. Aber ich glaube nicht, dass jedes Unglück auf Karma zurückzuführen ist. Karma erklärt nicht alles.

Meister Deshimaru sagte zum Leiden: „Die Zen-Praxis hilft, Leiden zu entdramatisieren.“ Sie beseitigt es nicht völlig, hilft aber dabei, ihr die Dramatik zu nehmen. Das heißt, man kann das Leiden verringern, indem man sich nicht zu sehr aufregt und nicht übertreibt. Wenn ein Unglück geschieht, macht es mich traurig, aber ich werde nicht in Depressionen verfallen und von diesem Unglück besessen sein. Ich akzeptiere es, traurig zu sein, lasse die Traurigkeit vorbeiziehen und kümmere mich dann um etwas anderes. Ich werde von dieser Traurigkeit nicht völlig vereinnahmt.

Dabei hilft uns Zazen sehr, denn es ermöglicht uns, einen Geist zu bekommen, der auf nichts verweilt. Es handelt sich nicht um einen gleichgültigen oder unsensiblen Geist. Mit der Zazen-Praxis werde ich im Gegenteil immer sensibler. Man kann daher gar nicht sagen, dass Zazen Leiden verringert; bei mir wird es sogar verstärkt. Aber dieses Leiden dauert nicht an, es geht schnell vorbei.

RoSi-1705 04/18

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