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Guckst Du | Texte | Mondo - Fragen an einen Zen-Meister

Angst vor der Leerheit

Frage:
Ich habe festgestellt, dass ich dem Begriff „Leerheit“ ausweiche, dass ich mich nicht mit ihm beschäftigen möchte. Ich glaube, er macht mir Angst. Warum ist das so?

Roland Yuno Rech:
Manche Menschen verbinden mit der Leerheit Nicht-Existenz und damit so etwas wie Auslöschung oder Tod. Davor hat man natürlich Angst. Aber in Wirklichkeit ist die Leerheit nicht das Gegenteil oder das Ende von unserer Existenz, sondern unsere wahre Natur.

Unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit ist beschränkt. Wir schaffen Erklärungen, Definitionen und Begriffe, um sie zu beschreiben, und nisten uns darin ein. Die Leerheit ist aber eine Dimension, die über diese gewöhnliche Wahrnehmung hinausgeht. Unsere wahre Natur lässt sich nicht in Begrifflichkeiten eingrenzen. Sie ist nichts Festgelegtes, sondern ohne Substanz. Unsere wahre Natur, unser wahres Selbst, das ein Nicht-Selbst ist, besteht darin, dass wir nur in Beziehungen existieren, immer in Abhängigkeit mit unserer Umgebung. Und genauso bedingen wir unsere Umgebung und die anderen.

Leerheit bedeutet demnach, frei von einem festgelegten Selbst zu sein. Aber die Leerheit als solche existiert nicht. Man spricht von Leerheit nur im Zusammenhang mit den Illusionen, die man sich über das Selbst macht. Die Leerheit ist also nicht etwas, sie hat nur die Funktion, uns von unseren Illusionen zu befreien. Wenn man der Leerheit zu sehr anhaftet und aus ihr ein neues Lebenskonzept macht, erzeugt man eine neue Illusion, und dann gibt es überhaupt kein Mittel mehr, sich zu befreien. Wer aber im Gegenteil Angst vor der Leerheit hat, wird sein ganzes Leben lang das Erwachen verfehlen.

Diese Angst kommt vom Ego. Aufgrund von Verblendung sieht es die Leerheit als etwas Bedrohliches an. Praktiziere daher weiter regelmäßig Zazen. Zazen ist wie ein Buddha, der uns an die Hand nimmt und uns die wahre Leerheit erfahren lässt. Diese Leerheit ist kein Nichts, in dem wir verschwinden, sondern der weite Geist, der immer über unsere Vorstellungen hinausgeht. Er ist völlig in Einheit mit dem ganzen Kosmos und frei von Angst, so dass er sich nicht in sich selbst verschließen muss. Dies zu realisieren heißt erwachen. Das ist wirklich nichts, was uns Angst machen muss.

Es ist sicherlich auch eine Frage der Ausdrucksweise: „Leer“ bedeutet nicht „nichts“, sondern leer oder frei von etwas zu sein. Ein leeres Zimmer ist zum Beispiel kein Zimmer, das nicht existiert, sondern ein Zimmer, in dem nichts abgestellt ist, in dem Platz ist und in dem man unendlich viele Möglichkeiten hat, etwas zu tun. Genauso wenig ist ein leerer Geist stumpf oder funktionslos. Er hört endlich auf, ständig dieselben Gedanken zu wälzen. In einem leeren Geist ist Raum für jeden neuen Augenblick, er ist offen und empfänglich für das, was gerade geschieht, und endlich in der Lage, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist. Daher ist für uns wichtig, wieder Raum in unserem Geist zu schaffen.

Das chinesische Ideogramm für Leerheit ist ku. Ku bedeutet auch der weite Himmel. Als Jesus sagte, das Himmelreich existiere in unserem Geist, hätte er auch sagen können, ku existiere in unserem Geist. Du brauchst also keine Angst vor der Leerheit haben. Es ist nur dein Ego, das Angst hat, weil es dadurch in Frage gestellt wird. Aber du bist nicht dein Ego. Du bist unendlich viel mehr als das, du bist Teil des Universums. Habe Vertrauen und praktiziere weiter Zazen.

RoSi-0108 05/18

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