Samstag, 3. Zazen
Im Tenzo Kyokun erzählt Dogen Zenji von seiner Begegnung mit einem alten Mönch, den er dabei beobachtete, wie er während der Mittagshitze Pilze trocknete. Er trug keine Kopfbedeckung, obwohl die Sonne so heiß war, dass sie den Gehsteig versengte. Sein Rücken war stark gekrümmt und er wirkte auf Dogen schmerzgeplagt. Dogen fragte ihn daraufhin: „Warum lasst ihr das nicht einen Helfer machen?“
„Andere sind nicht ich“, war die Antwort.
„Ehrwürdiger. Ihr folgt den Vorschriften genau, aber da die Sonne derart heiß ist, warum arbeitet ihr so hart?“
„Bis wann soll ich warten? Jetzt ist die einzige Zeit zu wirken.“
Der alte Tenzo bringt es mit seiner Aussage „andere sind nicht ich“ auf den Punkt. So wie Kodo Sawaki uns unterwiesen hat, dass „jedermann sein eigenes Leben zu leben hat“. Das bedeutet, dass wir uns all dem, was uns im Leben begegnet, nur selber stellen können. Wenn wir Aufgaben und Verantwortungen übernehmen, sei es bei der Arbeit, in der Familie, im gesellschaftlichen Leben, dann sollten wir sie auch mit ganzem Herzen und so gut, wie es uns eben möglich ist, erfüllen. Auch wenn es sich dabei desweilen um Dinge handelt, die wir nicht gerne tun.
Natürlich müssen wir manchmal Aufgaben erledigen, die wir als lästig empfinden, wie beispielsweise das Putzen unserer Wohnung, das Unkrautjäten im Garten, unsere Steuererklärung und sicher auch allerlei Aspekte unseres Berufslebens. So wie wir vielleicht auch beim Samu während des Sesshins oder in unseren Dojos dazu neigen, die Aufgaben unterschiedlich zu bewerten und uns z.B. darum drücken, die Toiletten zu putzen. Doch letztendlich gibt es keine Unterschiede, alles muss getan werden und das Große Ganze funktioniert nur, wenn alle sich beteiligen, weil alles nur in wechselseitiger Abhängigkeit besteht.
Und wenn wir uns dessen bewusstwerden, dass es nur unser Ego ist, das auswählt und sich die Aufgaben aussucht, die es gerne hat, als „besser“ bewertet, dann können wir vielleicht unsere Widerstände leichter überwinden und die Dinge einfach tun, die getan werden müssen, so wie der alte Mönch in Dogens Beispiel.
Dieser sagt weiter „Bis wann soll ich warten? Jetzt ist die einzige Zeit zu wirken.“
Hier geht es um unser Handeln in diesem Augenblick, uns voll und ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren, genauso wie wir es im Zazen praktizieren. Uns nicht mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu beschäftigen. Dies erscheint uns im Alltagsleben oft nicht möglich, da wir uns natürlich mit der Planung unseres Lebens, von Aufgaben bei der Arbeit, den ganz pragmatischen Abläufen unseres Tages beschäftigen müssen.
Dazu gibt Meister Dogen ein Beispiel im Tenzo Kyokun, wie der Tenzo die Reissuppe für den nächsten Morgen am Abend zuvor vorbereiten soll. Das würde eigentlich bedeuten, sich bereits mit einer Sache in der Zukunft zu befassen. Dieses Vorgehen kommentiert Kosho Uchiyama folgendermaßen: „Wenn wir die Reissuppe für den nächsten Tag am Vorabend vorbereiten, machen wir uns ein Zukunftsbild von morgen. Doch es ist bloß eine Ausrichtung des gegenwärtigen Augenblicks.“ D.h., es geht in unserer Praxis immer wieder darum, achtsam auf unser Handeln in jedem Augenblick zu sein, sei es auf unsere Ein- und Ausatmung beim Zazen, oder auf jede Handlung in unserem Alltag. Denn unser Handeln hier und jetzt ist die Wirklichkeit.
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