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Die zwei Geisteszustände harmonisieren

Auszug aus der Unterweisung von Meister Roland Yuno Rech
vom Sesshin in der Grube Louise, September 2017.


Alle Unterweisungen des Sesshins -> Download (PDF)

Freitag, 2. Zazen

Während Zazen spüren wir alle möglichen Phänomene. Manchmal ist man ganz entspannt, manchmal zu angespannt. Manchmal ist Zazen schmerzhaft, manchmal angenehm, und alle möglichen Gedanken durchqueren unseren Geist. Sie erscheinen und verschwinden wie Wolken am Himmel. Aber unsere Praxis bleibt beständig. Wir bleiben konzentriert auf die aufrechte Haltung des Rückens, wir atmen ruhig durch die Nase ein und aus und lassen alle Gedanken vorbeiziehen.

In diesem Moment beruhigt sich der Geist, der unterscheidet und an Unterschieden festhält, und das hishiryo-Bewusstsein erscheint. Es ist immer derselbe Geist, der aber auf unterschiedliche Weise funktioniert. Im Zustand des hishiryo-Bewusstseins haftet man weder dem Denken noch dem Nichtdenken an. Man beobachtet ihre Unbeständigkeit und Leerheit und lässt sie vorbeiziehen. Alle Phänomene beobachtet man nur vom Standpunkt der tiefen Wirklichkeit aus. Von diesem Standpunkt aus betrachtet haben sie keine eigene Substanz.

Während Zazen sind all unsere Gedanken, Wahrnehmungen und Gefühle, trotz ihrer Unterschiede, ihrer verschiedenen Formen und Inhalte, letztlich gleich. Sie sind gleich, weil auch sie unbeständig und ohne Substanz sind. Daher können wir sie vorbeiziehen lassen. Wir haften ihnen nicht an und brauchen sie auch nicht zurückweisen. So können wir einen gleichmütigen Geisteszustand erlangen und jeden Kampf beenden. Da wir nichts ergreifen oder zurückweisen, finden wir den tiefen Frieden des Geistes wieder, der durch nichts gestört wird.

Dies gilt nicht nur für uns selbst, sondern für das ganze Dojo und diese Sangha. Wir teilen das gleiche Leben und die gleiche Praxis, aber jeder ist anders. Wir haben die gleiche Zazen-Haltung, aber ganz verschiedene Gedanken durchqueren unseren Geist.

Im Zazen kann man ganz konkret erfahren, dass die Phänomene leer sind, shiki soku ze ku, und damit sind sie sich im Grunde sehr ähnlich. Dennoch bleiben sie verschieden. Genauso sind wir uns alle ähnlich. Wir sind alle die Buddha-Natur, aber unser Karma ist verschieden. Wir teilen die gleiche grundlegende Praxis, aber jeder nimmt eine andere Position ein, vor allem während eines Sesshins.
Einige praktizieren hauptsächlich, andere haben eine Verantwortung, zum Beispiel der Tenzo, der für die Küche verantwortlich ist. Er hat eine besondere Aufgabe, die nur er erfüllen kann. Um sie aber richtig erfüllen zu können, hängt er von anderen Verantwortlichen ab, zum Beispiel von den Verantwortlichen des Samu, des Empfangs oder des Dojos, und von allen den Teilnehmern, die beim Samu helfen.
Jeder hat eine besondere Verantwortung, aber wir funktionieren zusammen in der gleichen Gemeinschaft, wir sind völlig voneinander abhängig. Von diesem Standpunkt aus sind wir uns ähnlich. Jedoch muss jeder seine eigene Verantwortung übernehmen und seine eigene Praxis ausüben. Von diesem Standpunkt aus sind wir verschieden.

Es ist wichtig, diese beiden Aspekte der Wirklichkeit unseres Lebens gemeinsam zu betrachten. Wer nur seinen persönlichen Standpunkt sieht und nur auf seiner eigenen Position stehenbleibt, wird zu einem egozentrischen Individuum, das dazu neigt, auf egoistische Weise zu handeln, indem es seine eigenen Bedürfnisse immer höher einstuft als die der anderen.

Unsere Praxis besteht auch darin, die Harmonie zu finden zwischen unserer eigenen Individualität und der Tatsache, dass wir und die anderen völlig voneinander abhängig sind. Dabei ist es erforderlich, einen wendigen Geist zu haben. Und Zazen schult uns darin, einen wendigen Geist zu bekommen. Wir lernen, alle Aspekte unseres Lebens zu umfassen, unsere Unterschiede zu verstehen und unsere Gleichartigkeit, unsere Einheit mit den anderen zu verwirklichen. So können wir unsere Bedürfnisse mit denen der anderen harmonisieren. Dies erfordert viel Weisheit, Verständnis und Beobachtung. In der Praxis mit der Sangha wird es uns möglich, dies zu verwirklichen und ganz wir selbst und gleichzeitig völlig in Harmonie mit den anderen zu sein.

Es ist das Koan unseres Lebens. Wie können wir in Harmonie leben mit dem, was wir wirklich sind? Ein Individuum, das sich von den anderen unterscheidet, aber auch seine Individualität und seine Einsamkeit annehmen muss. Aber es darf sich auch nicht darin verschließen, denn unsere Individualität wird immer aus der Gesamtheit unserer Beziehungen mit den anderen gebildet. Es ist der grundlegende Aspekt unseres Lebens und unserer Praxis, der übrigens im Sandokai gelehrt wird, das wir heute früh gesungen haben.

Im Licht sehen wir die Unterschiede.
In der Dunkelheit verschwinden alle Unterschiede,
und wir nehmen die Einheit wahr.

Die Dunkelheit tut sich auf, wenn unser unterscheidender Geist aufhört zu funktionieren, und der Geist, der die Einheit wahrnimmt, erwacht.