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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Die Wellen werden zu Licht

Während Zazen konzentrieren wir uns auf die Körperhaltung, die Knie auf dem Boden, das Becken nach vorne geneigt, den Rücken senkrecht, das Kinn zurückgezogen, die Schultern locker, den Bauch und das Gesicht entspannt. Wir atmen ruhig durch die Nase ein und aus und lassen alle Gedanken vorbeiziehen.

Die Zazen-Praxis ist weder einfach eine Meditationstechnik noch ein Mittel, um das Erwachen zu erlangen. Wenn Zazen richtig praktiziert wird, ist jeder Moment der Praxis ein Moment des Erwachens, das heißt eines Lebens in Harmonie mit dem Dharma, eines Lebens, das von Anhaftungen, Illusionen und Ursachen des Leidens befreit ist. Das bedeutet nicht, dass diese Anhaftungen, Illusionen und Ursachen des Leidens nicht mehr existieren, aber sie manifestieren sich, ohne uns zu beeinträchtigen, ohne dass wir von ihnen abhängig sind.

In einem Gedicht wird dieses Bild beschrieben:

Der Mond wohnt im ruhigen Geist.
Die Wellen brechen sich und werden zu Licht.

Der Mond ist das erwachte hishiryo-Bewusstsein. Die Wellen, die sich brechen, sind die Wellen unserer bonno, unserer Anhaftungen, unserer Illusionen, sogar unseres vergangenen Karmas, die während Zazen wieder auftauchen und ins Bewusstsein gelangen. Das Bewusstsein im Zazen ist nicht mehr ein persönliches Bewusstsein, das sich der auftauchenden Phänomene bemächtigt, um über sie nachzudenken, sie zu unterscheiden, an ihnen festzuhalten oder sie abzuwehren, sondern das vollkommen klare, leuchtende hishiryo-Bewusstsein.

Das hishiryo-Bewusstsein beleuchtet diese Wellen, die Phänomene des Geistes, und verwandelt sie in Licht des Erwachens. Es nimmt sie in ihrer ganzen Natur wahr, das heißt als bloße Wellen, vorübergehende Phänomene, aber gleichzeitig nicht verschieden von der Buddha-Natur. Wie alle anderen Phänomene sind sie unbeständig und ergeben sich aus der wechselseitigen Abhängigkeit unseres Lebens mit unserer Umgebung.

Auch wenn sich Wellen bilden, hindern sie das Mondlicht nicht daran, zu scheinen. Sie werden von ihm angestrahlt, so dass sie, wenn sie sich an der Konzentration der Zazen-Haltung brechen, die wie ein Fels in der Mitte des Meeres ist, sich in reines Licht verwandeln.

Mit anderen Worten, ausgehend von Zazen sind alle Phänomene, die unser tägliches Leben in Unruhe versetzen, auch Manifestationen der Buddha-Natur. Die Fähigkeit, sie als solche zu sehen, hängt von der Klarheit unseres Geistes ab. In jedem Augenblick hängt die Welt, in der wir leben, völlig von unserem Bewusstseinszustand ab. Auch wenn es eine gewisse objektive Welt gibt, die uns gegeben ist, rekonstruieren wir sie ständig durch unsere Wahrnehmungsorgane und unseren Geist. Die Art und Weise, wie wir die Welt der Phänomene, in der wir leben, betrachten, macht unser Leben aus.

Unser Leben ist so, wie wir es uns vorstellen. Ein Augenblick des Erwachens und unser Leben ist erwacht. Die Wiederholung der Zen-Praxis und auch die Erinnerung an diese Konzentration im täglichen Leben machen unser ganzes Leben zu einer Praxis des Erwachens. Und so ist die Zazen-Praxis insbesondere am Morgen, bevor wir den Tag beginnen, eine Quelle für kreatives Schaffen im Leben, das heißt für Handlungen und Worte, die mit dem im Zazen verwirklichten Erwachen in Einklang sind. Dies wird gyoji genannt, die unaufhörliche Praxis.

 

Ro/Si 03/2023

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