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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Leben inmitten der Phänomene

Manchmal ist es schwierig, Stille zu finden. Besonders in der Stadt gibt es Lärm, der auch ins Dojo dringt. Und dann gibt es vor allem den Lärm, der von unseren Gedanken, von unserem unruhigen Geist erzeugt wird. Aber der Lärm von außen wie auch der Lärm unserer Gedanken ist nicht der wichtigste Punkt für die Zazen-Praxis. Wichtig ist, was wir tun, wie wir mit dem Lärm umgehen.

Wenn wir uns über den Lärm der Stadt aufregen und denken, dass wir besser Zazen auf dem Land oder in den Bergen machen sollten, oder wenn wir uns über unsere Gedanken ärgern und versuchen, sie zu unterdrücken oder zu verdrängen, dann ist es genau das, was in Wirklichkeit unser Zazen stört und von dem Zazen uns befreien sollte. Zazen befreit uns nicht von den Phänomenen, denn Phänomene sind immer da, solange wir leben. Zazen befreit uns von unseren Reaktionen der Anhaftung oder Abneigung gegenüber diesen Phänomenen, denn diese Reaktionen können Leiden verursachen.

Sobald wir an etwas haften, erzeugen wir Unruhe und Lärm in unserem Geist. Diese Unruhe wird durch das verursacht, was Buddha als die drei Gifte des Geistes bezeichnete, Gier, Hass und Unwissenheit. Wer sich zum Beispiel gierig nach Ruhe und Stille sehnt und deshalb zwangsläufig jede Art von Lärm verabscheut, wird von den kleinsten Geräuschen gestört werden. Oder wer sich gierig nach einem inneren Zustand der Stille ohne Gedanken sehnt, wird sich automatisch gegen alle aufkommenden Gedanken, Emotionen oder Gefühle wehren und dadurch noch mehr Unruhe erzeugen.

In diesen Fällen zeigt sich das dritte Gift des Geistes, die Unwissenheit. Man versteht nicht, dass es gerade diese Anhaftung an der Stille ist, die Unruhe erzeugt. Man sieht nicht, dass alle Phänomene im Grunde genommen Leerheit sind, ohne Substanz. Stille und Lärm sind wie alle Phänomene unbeständig. Sie entstehen und vergehen auch wieder. Stille und Lärm sind völlig voneinander abhängig, ohne Lärm gibt es keine Stille. Einem Phänomen anzuhaften, zum Beispiel der Stille, führt dazu, dass wir ein anderes Phänomen wie Lärm ablehnen. Dann ist Lärm nicht einfach nur Lärm, sondern schafft Ärger und mehr Unruhe in unserem Geist und wird Ursache von Leiden.

Im Zazen lernen wir, mit den Phänomenen zu sein, so wie sie sind. Weil der Geist im Zazen offen und weit ist, können die Phänomene, die erscheinen, einfach vorbeiziehen, ohne dass wir sie festhalten, ohne dass wir sie bewerten, ohne dass wir ihnen mehr oder weniger Wichtigkeit beimessen. Und selbst wenn wir auf ein Phänomen reagieren, weil es uns unangenehm ist, zum Beispiel Lärm oder ein Schmerz im Rücken oder im Knie, dann fokussieren wir uns nicht darauf, sondern richten unsere Aufmerksamkeit wieder auf die Körperhaltung und die Atmung. So ist dieser Lärm oder Schmerz ein Phänomen unter vielen, das erscheint und wieder vorbeizieht.

Im Zen und allgemein im Buddhismus des Großen Fahrzeugs versuchen wir also nicht, die Phänomene zu unterdrücken und sie zu bekämpfen. Wir lernen, inmitten der Phänomene zu leben und uns von unseren Reaktionen zu befreien, die Leiden verursachen. Auch wenn wir uns um einen ruhigen Ort bemühen, an dem wir praktizieren, weil es für die Konzentration förderlich ist, hängt Zazen nicht von bestimmten Umständen wie Stille ab. Deshalb können wir Zazen immer und überall und in allen Lebenslagen praktizieren.

Die Qualität von Zazen hängt stark davon ab, wie wir mit der Realität umgehen, die sie sich in jedem Augenblick neu manifestiert. Das ist es, was der Buddha lehrte. Das ist es, was wir als Praxis des Weges bezeichnen.

 

RoSi 11/2021

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