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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Mit einem neuen, frischen Geist

Wenn während Zazen bei der Einatmung Gedanken, Erinnerungen oder andere Phänomene erscheinen, geht es nicht darum, sie zu ignorieren oder zu verdrängen. Selbst wenn negative Gedanken oder Emotionen auftauchen, nehmen wir sie an und werden uns ihrer bewusst. Wir schauen genau hin, shoken, und erkennen, dass diese Gedanken und Emotionen im Grunde keine feste Substanz haben.

Ohne feste Substanz bedeutet nicht, dass sie nicht existieren. Es bedeutet, dass sie aus einem komplexen Netz von Bedingungen heraus entstanden sind, und dieses Netz verändert sich ständig weiter. Ebenso verändern sich diese Gedanken und Emotionen unaufhörlich. Es ist so, als würde man die Wolken am Himmel betrachten, die sich ständig umformen, auflösen und neu bilden oder vorbeiziehen.

Vorbeiziehen lassen. Genau das machen wir, wenn wir ausatmen. Wir lassen die eingeatmete Luft wieder ziehen, und wir lassen unsere Gedanken und Emotionen wieder ziehen. Wenn wir sie nicht festhalten, wenn wir sie als das betrachten, was sie sind, Phänomene ohne Substanz, und ihnen keine Wichtigkeit beimessen, können sie einfach vorbeiziehen, und der Geist wird wieder frei. So können wir an jedem Tag, bei jedem Zazen, in jedem Augenblick einen neuen, frischen Geist wiederfinden.

Es geht nicht darum, die Erfahrungen oder Dinge, die wir in der Vergangenheit gelernt haben, zu vergessen. Aber der Fokus liegt auf das, was jetzt gerade ist, was jetzt geschieht, sowohl in uns selbst als auch in unseren Beziehungen mit den anderen, mit der Umwelt. Das bedeutet auch, andere immer wieder mit einem Geist zu empfangen, der neu und frei von vorgefertigten Meinungen ist. Unsere Wahrnehmung ist durch vergangene Erfahrungen konditioniert. Wir versuchen, das Unbekannte mit dem Bekannten zu verbinden und in unser gewohntes Weltbild einzugliedern. Doch auf diese Weise berauben wir uns selbst der Gelegenheit, Neues zu entdecken.

Ein Ratschlag, der oft im Zen wiederholt wird, lautet, auf nichts zu verweilen. Meister Kodo Sawaki sagte: „Lasst euren Geist nicht starr werden.“ Unser Geist wird starr, wenn er sich ständig um bestimmte Gedanken, Erinnerungen, Zwangsvorstellungen dreht. Im Zazen lernen wir, uns schnell eines Phänomens bewusst zu werden, seine wahre Natur zu erkennen und es wieder loszulassen. So laufen wir nicht blind und stumpf durch die Gegend, sondern wir bewahren unsere Aufgeschlossenheit für das, was hier und jetzt ist, wie es ist und nicht, wie wir es uns vorstellen.

So ist es auch bei uns selbst. Wir haben eine Identität aufgebaut, eine bestimmte Vorstellung von uns selbst, gespickt mit Erfahrungen, Eigenschaften, Vorlieben und Ansichten. Manchmal werden wir jedoch von diesem Bild von uns selbst eingeschränkt, weil es uns daran hindert, Neues zu erschaffen, Fähigkeiten zu entdecken, kreativ zu sein und uns der ständigen Umwandlung der Wirklichkeit anzupassen. Auch uns selbst sollten wir immer wieder mit einem neuen, frischen Geist betrachten und uns die Gelegenheit geben, von uns selbst überrascht zu werden.

Jeder Tag ist ein neuer Tag, jeder Augenblick ist ein neuer Augenblick. Wie können wir jeden Tag, jeden Augenblick einen neuen Geist wiederfinden? Das ist ein gutes Koan. Es kann uns in unserem Leben begleiten, um zu beobachten, um Hindernisse zu erkennen, die unseren Geist blockieren, und um Wege zu finden, diese Hindernisse zu überwinden.

 

RoSi-04/14 05/2021

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