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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Wie ein Fels inmitten des Ozeans

Während Zazen ist die Körperhaltung wie ein Fels inmitten des Ozeans. Die Wellen brechen sich an ihm und werden in funkelnde Tropfen verwandelt. Alle Wellen unserer Gedanken, unserer geistigen Konstrukte, die während Zazen erscheinen, brechen sich an der Konzentration auf die Haltung.

Einige Gedanken verfolgen und beschäftigen uns, auch wenn sie nichts mit dem gegenwärtigen Moment zu tun haben. Zum Beispiel Gedanken an die Arbeit, die uns nach Feierabend nicht loslassen, Gedanken an die Schule, an Begegnungen, oder an irgendwelche Vorkommnisse, die uns nachts am Einschlafen hindern. Diesen Gedanken sind wir regelrecht ausgeliefert.

Wenn wir gut verwurzelt in der Zazen-Haltung sind und uns nicht bewegen, wenn wir auf unsere Gedanken nicht reagieren und ihnen nicht folgen, aber auch nicht versuchen, sie zu verdrängen oder loszuwerden, lösen sich diese Gedanken auf natürliche Weise auf. Dies zeigt, dass sie frei von jeglicher festen Substanz sind. In dem Moment, in dem sie wie Wellen am Felsen zerbrechen, zeigt sich ihre wahre Natur, das heißt ihre Unbeständigkeit, ihre Leerheit. Das macht es uns einfacher, sie einfach ziehen zu lassen.

Wenn wir eine Stunde lang Zazen praktizieren, beruhigen sich schließlich sogar die Wellen. Der Wind, der vom Ego erzeugt wird, hört auf, die Oberfläche des Geistes in Unruhe zu versetzen. Im Zazen kommt das Ego zur Ruhe. Es hört auf, zu analysieren und zu urteilen, es teilt die Dinge nicht mehr in gut oder schlecht ein oder Personen, in sympathisch oder unsympathisch. Wenn Phänomene auftauchen, sehen wir sie einfach in ihrer Soheit, das heißt, so wie sie sind, jenseits jeder Qualifizierung, jeder mentalen Kategorie, jedes Etiketts. Dies ermöglicht es uns, die Wesen oder Situationen mit einem neuen Auge zu sehen, indem wir sie nicht mehr in unsere Konditionierungen einsperren.

Und gerade wenn der Wind unserer Urteile, unserer Meinungen aufhört zu wehen, wird der Geist nicht nur ruhiger, sondern auch viel klarer, transparenter. Dann können wir auf den Grund schauen. Was ist da im Grunde unserer selbst? Was ist das Fundament unseres Lebens? Was ist das Wesentliche?

Der Blick in diese Richtung gibt unserem Dasein seine Tiefe. Auf den Grund zu schauen bedeutet, uns die Möglichkeit zu geben, zur Wirklichkeit zu erwachen. Es bedeutet, die Wirklichkeit nicht mehr so zu sehen, wie wir sie uns vorstellen, wie wir sie uns konstruiert haben, wie wir glauben, dass sie ist, sondern so, wie sie sich wirklich manifestiert. Mit anderen Worten, wir haben die Möglichkeit, unser Leben neu zu betrachten.

Und wenn wir am frühen Morgen Zazen praktizieren, ist es die Gelegenheit, den Tag mit einem neuen Blick auf unser Leben zu beginnen, auf das, was die Grundlage unseres Handelns, unserer Beziehungen ist. Es ist also eine Gelegenheit zur Erneuerung.

Wir betrachten den Frühling oft als die Jahreszeit der Erneuerung, aber mit Zazen ist jeder Tag wie ein Frühling, wie ein Moment der Erneuerung. Oder wie Kodo Sawaki sagte: „Aufhören, die Zeitung des letzten Jahres zu lesen, um sich den aktuellen Ereignissen unseres Lebens anzuschließen.“

 

RoSi-04/14 06/2021

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