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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Kein Oben ohne Unten

Konzentriert euch während Zazen weiterhin darauf, die Knie auf die Erde und den Kopf in den Himmel zu drücken. Dehnt diesen Körper zwischen oben und unten aus. Atmet ruhig und bis zum Ende aus. Lasst dann die Einatmung ganz natürlich geschehen.

Oben und unten sind keine Gegensätze mehr. In Wirklichkeit gibt es kein Oben ohne Unten und kein Unten ohne Oben. Natürlich können wir sagen, dass alles, was oben ist, oben ist und alles, was unten ist, unten ist, das ist die gewöhnliche Bedeutung dieser Worte. Aber wenn wir uns anschauen, worum es wirklich geht, existieren das Oben und das Unten zu keiner Zeit getrennt voneinander. Deshalb heißt es, dass sie Leerheit sind, leer von getrennter Existenz; sie existieren nicht ohne einander.

Das beobachten wir zum Beispiel auch an der Atmung. Die Einatmung ist natürlich völlig die Einatmung und die Ausatmung völlig die Ausatmung. Aber in Wirklichkeit gibt es keine Einatmung ohne Ausatmung, die Einatmung hat keine eigene, getrennte Existenz. Genauso existieren wir selbst nur in Bezug auf andere, in Beziehung zu anderen. Zwischen der Welt und mir, meinem Ego, gibt es in Wirklichkeit keine Trennung. Wir sind leer von getrennter Existenz.

Heutzutage leiden leider viele Menschen unter Einsamkeit. Sie leben in Isolation und fühlen sich daher allein. In Wirklichkeit ist man nie allein. Sich allein zu fühlen, bedeutet bereits, sich auf die Anwesenheit einer anderen Person zu beziehen, die im Moment nicht da ist aber da sein könnte. Also warten wir, hoffen wir, bedauern wir. Kurz gesagt: Es gibt kein Ich ohne Dich.

Als Kind lernen wir von klein auf, uns von Papa, von Mama, von anderen abzugrenzen. Aber danach machen wir uns über dieses „Ich“ Illusionen. Wir messen dieser illusorischen mentalen Vorstellung viel zu viel Bedeutung bei und schließen uns in ihr ein. Dabei vergessen wir, dass unser wahrer Ursprung unsere ständige wechselseitige Abhängigkeit mit den anderen ist. Im Zazen können wir sie zutiefst erleben. Wir sitzen allein mit dem Gesicht zur Wand, jeder mit seinen eigenen Gedanken, seinen Erinnerungen, seiner eigenen Geschichte, aber gleichzeitig sitzen wir gemeinsam und sind nicht voneinander getrennt.

Im Hannya Shingyo wird dies in dem berühmten Satz „Shiki zoku ze ku, ku zoku ze shiki“ ausdrückt, „Form ist Leerheit, Leerheit ist Form.“ Shiki, die Form, Materie, Körper, Objekte der Wahrnehmung, Farben, Geräusche, Gerüche, alle Sinnesobjekte und schließlich das ganze Universum... All das ist in Wirklichkeit ku, Leerheit, leer von Substanz, leer von getrennter Existenz. Dies ist keine rein philosophische Aussage, sondern der Ausdruck der Wirklichkeit, wie sie ist, die wir in jedem Augenblick erleben können. Es ist wahre Leben, aber wenn wir die Augen vor ihm verschließen, können wir die Widersprüche und Konflikte, die zu Ursachen des Leidens in unserer Existenz werden, nicht überwinden.

Wir sind daran gewöhnt, Kategorien zu bilden und Begriffe zu definieren, und unser Verstand wird ständig dazu gebracht, Trennungen vorzunehmen. Es erfordert einige Mühe, diese Denkgewohnheiten zu ändern. Dabei helfen die Körperhaltung im Zazen und die Achtsamkeit auf die Atmung und die Gesten des täglichen Lebens.

In der ganzen Lehre des Buddha geht es nur darum, zu lernen, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist. Nicht einfach aus dem Vergnügen heraus, eine genauere Sicht der Dinge zu haben, sondern weil diese Sicht die Möglichkeit bedingt, sich vom Leiden zu befreien und Zugang zu dem zu bekommen, was man Nirvana nennt, den wahren Frieden des Geistes. Einswerden, in Harmonie mit allen Existenzen.

Auch das Nirvana ist nicht vom Samsara, von der Welt der Phänomene getrennt. Der Frieden des Geistes steht nicht im Gegensatz zu Unterschieden oder Konflikten. Es geht darum, darüber hinauszugehen und nicht in unseren Widersprüchen stecken zu bleiben.

Dies können wir konkret in der Zazen-Praxis erfahren, durch den Körper und die Atmung, durch den Kontakt mit den anderen, eine Beobachtung der Abläufe des Lebens. Es ermöglicht uns, uns tief zu entspannen, uns zu befreien und die Illusion des Egos wirklich aufzugeben, ohne es ablehnen zu müssen, wie der Nebel, der sich am Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen verflüchtigt.

 

RoSi-0510 03/2021

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