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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Sich selbst vergessen

Während Zazen konzentrieren wir uns nicht nur auf die Haltung des Körpers. Durch eine Art neutrale Betrachtung lernen wir uns selber kennen. Meister Dögen sprach davon im Genjo Koan. Dort heißt es: „Sich selbst kennenzulernen bedeutet, sich selbst zu vergessen.“

Wenn wir uns selbst beobachten, sehen wir alle Phänomene, die unsere Existenz ausmachen, unseren Körper, unsere Eigenschaften, unsere Geschichte, unsere Herkunft, unsere Empfindungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Wünsche. Üblicherweise bilden wir daraus das, was wir unsere Identität, unser Selbst nennen.

Sich selbst zu vergessen, bedeutet, all das zu vergessen, mit dem wir diese Art persönliche Identität aufgebaut haben. Wir vergessen es nicht wirklich, aber wir halten nicht mehr daran fest, weil wir dessen Relativität erkennen. Hinter diesem Bild, das wir uns von uns selbst gemacht haben, verbirgt sich allzu oft die tiefste Realität unseres Lebens, unser wahres Selbst, das jenseits unseres kleinen Egos liegt. Es ist unsere Existenz in völliger wechselseitiger Abhängigkeit mit allen Wesen.

Viele Menschen verbringen viel Zeit damit, sich zu behaupten, ein besonderes Bild von sich selbst, ein Image aufzubauen, anstatt einfach in Harmonie mit dem zu leben, was sie wirklich sind. Sie merken nicht, dass sie sich durch ihr Bild selber einschränken und sich dadurch vieler Möglichkeiten berauben.

Wenn wir es schaffen, diese Vorstellung, die wir von uns selbst haben, loszulassen, spüren wir eine sehr große Freiheit. Dann sind wir nicht mehr so sehr davon betroffen, was unserem Bild, unserer Vorstellung von uns selbst schaden könnte. Misserfolge, auch wenn sie manchmal schmerzhaft sind, zerstören uns nicht. Erfolg bläht uns nicht auf. Wir begrüßen alles mit einem Geist, der frei von Anhaftung ist. Dabei werden wir nicht gleichgültig. Natürlich behalten wir unsere Sensibilität, aber ohne übertriebene Anhaftung.

Heutzutage sind viele Menschen, vor allem junge Menschen, von ihrem Image besessen. Das wird vom Erfolg von Facebook oder Instagram verdeutlicht. Sie machen Fotos von sich selbst und stellen sich im Netz so dar, wie es ihrer Vorstellung von sich selbst entspricht. Das Betrachten des eigenen Bildes gibt ihnen das Gefühl, tatsächlich zu existieren. Aber diese Anhaftung ist eine Falle, denn die Realität unseres Lebens liegt weit jenseits eines Bildes.

Sich selbst zu vergessen bedeutet, uns mit der wahren Natur unseres Lebens in Einklang zu bringen. Dabei geht es nicht nur darum, ein Verständnis darüber zu entwickeln, sondern es ganz konkret zu leben und weniger egoistisch und selbstbezogen zu sein.

Zazen hilft uns, Abstand von dieser Anhaftung an unser Ego zu gewinnen. Durch diesen Abstand können wir erkennen, dass das Bild, das wir von uns haben bzw. haben wollen, etwas Selbstgemachtes, Relatives ist. Es mag einen Teil von uns darstellen, aber wir sind nicht dieses Bild. Wir sind viel mehr. Wenn wir über dieses Bild hinausgehen können, wenn wir es loslassen können, erleben wir eine wahre Befreiung, die das Leben viel leichter macht.

Dann verschwenden wir viel weniger Zeit damit, uns über uns selbst Gedanken zu machen. Wir werden viel verfügbarer für die anderen und für das wirkliche Leben im Hier und Jetzt. Das bedeutet im Grunde, auf eine wache Art und Weise zu leben, auch wenn wir manchmal dazu neigen, einzuschlafen, besonders beim abendlichen Zazen.

Zu schlafen, wenn wir müde sind, ist etwas Natürliches. Es hindert uns nicht daran, zu dem zu erwachen, was wir in Wirklichkeit sind. Hingegen kann das Festhalten an Träumen zu einem Hindernis für ein wirklich befreites Leben werden. Wenn wir uns beobachten, wenn wir uns selber kennenlernen, geht es vor allem darum, unsere Illusionen zu beleuchten und aus unseren Träumen zu erwachen, um der Realität zu begegnen. Die Realität ist im Grunde viel konkreter und viel reicher als alle unsere Träume.

 

RoSi-1801 01/2021

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