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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Heimatdorf

Während Zazen konzentrieren wir uns auf die Haltung des Körpers, der zwischen Himmel und Erde gestreckt ist. Entspannt gut die Schultern und den Bauch. Der Blick ruht auf dem Boden oder auf der Wand. Eigentlich ist er jedoch nach innen gerichtet, das heißt wir beobachten, was in uns passiert. Das ist der Moment, in dem wir mit uns wirklich vertraut werden können.

Im Alltag verlieren wir oft diese Vertrautheit, weil wir von vielen Phänomenen abgelenkt werden. Oder wir verbringen unsere Zeit damit, Wunschobjekten hinterherzulaufen, die sich dann doch nicht als wirklich zufriedenstellend erweisen. Dann braucht man eine Pause, innehalten, sich auf’s Zafu setzen und zum Wesentlichen zurückkehren.
Was ist hier und jetzt wirklich wichtig?

In einem Gedicht sagt Meister Dogen:

Wo ist unser Dorf in den Tiefen der Berge?
Wo sollen wir es suchen?
Unser Heimatdorf ist da, wo wir leben,
Hier und jetzt.

Manchmal, wenn wir uns in der Welt, in der wir leben, fremd fühlen, haben wir eine Art Sehnsucht. Wir sind wie Pilger auf der Suche nach einem Ort, an dem wir wirklich mit der wahren Dimension unseres Lebens vertraut werden. Tatsächlich ist gerade das, was uns am vertrautesten ist, die wahre Dimension unseres Lebens, die wahre Natur unserer Existenz.

Im Zazen erscheinen alle Arten von Gedanken, Empfindungen oder Gefühle. Da wir ihnen nicht folgen und sie nicht bewerten, sondern einfach beobachten, können wir mit dem, was in uns ist, vertraut werden und uns so selber kennenlernen. Aber all diese Gedanken, Empfindungen, Gefühle sind konditioniert, unbeständig. Wenn wir uns mit ihnen identifizieren, konstruieren wir unser persönliches Ego und denken: „Ich bin jemand, der so und so ist, mit diesen oder jenen Ansichten, Anhaftungen, Ansprüchen.“ Dies kann uns eine Zeit lang bestärken, aber es ist keine Antwort auf unsere wahre Sehnsucht, die Sehnsucht nach dem Sein, nach dem, was unsere Existenz begründet, nach unserer wahren Natur.
Im Zen nennt man es Buddha-Natur. Die Buddha-Natur kann nicht erfasst werden. Sie ist nichts Begrenztes, Worte können sie nicht beschreiben.

Als der junge Mönch Nangaku zum ersten Mal Meister Eno aufsuchte, fragte ihn dieser: „Was kommt da?“ Anders gesagt, wer bist du eigentlich im Grunde? Nangaku konnte nicht antworten. Diese Frage begleitete ihn sieben Jahre lang bei seiner Meditation, und schließlich antwortete er: „Ich habe verstanden. Es ist nicht etwas.“ Anders gesagt, es ist nicht fassbar.

Dieses Unfassbare ist unsere Existenz in Einheit mit allen Wesen. Meister Deshimaru hatte den Europäern Zazen nahegebracht, um ihnen zu ermöglichen, zur Quelle zurückzukehren und das wahre Heimatdorf, ihre Buddha-Natur wiederzufinden. Unser unendliches, unbegrenztes Leben kann nicht in Worte eingeschlossen werden. Wenn wir in der Zazen-Praxis die gewöhnliche Funktionsweise des Geistes aufgeben, bei der wir ständig Unterscheidungen treffen, werden wir wieder mit diesem unbegrenzten Leben vertraut. Im Zazen können wir die grundlegende Intuition wiederfinden, die augenblickliche Sicht, die über all unsere Gedanken, unsere Denkweisen hinausgeht, und die unsere ganze Existenz begründet. Diese Intuition teilen wir mit allen Wesen.

Hier und jetzt. Es ist einfach das. Dieser Körper und dieser Geist auf dem Zafu, mit dem ganzen Universum einatmend und ausatmend, frei von jedem verstockten Denken, bereit für das immer frische und neue Leben eines jeden Augenblicks.

RoSi-1704 06/2020

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