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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Den gegenwärtigen Augenblick vollständig leben

Während Zazen ruht unser Blick auf der Wand oder auf dem Boden, ohne etwas zu fixieren. Wir nehmen wahr, was vor uns ist, schauen aber nichts Bestimmtes an. Ebenso nehmen wir alle Geräusche wahr, ohne ihnen zu folgen, ohne bewusst zuzuhören. Unsere Aufmerksamkeit ist weit. Wir sind uns in jedem Augenblick darüber bewusst, was geschieht, halten aber nichts fest. Nur so kann der Geist immer frisch, verfügbar und aufnahmebereit sein.

Sobald der Geist etwas aufgreift, wird er starr und unbeweglich. Zazen praktizieren heißt jedoch, einen fließenden, wendigen Geist wiederzufinden, der immer neu ist, so wie ein Spiegel, der keinem der Objekte, die sich in ihm widerspiegeln, anhaftet und so immer rein bleibt.

Die wesentliche Kunst von Zazen ist, in jedem Augenblick völlig eins mit der Praxis zu sein, eins mit der sitzenden Haltung, indem man den Geist nicht irgendwo herumstreunen lässt, und eins mit der Atmung, indem man hier und jetzt konzentriert bleibt. Die Einatmung und die Ausatmung geschehen immer im gegenwärtigen Augenblick. Zu einer vergangenen Ausatmung kann man nicht mehr zurückkehren. Wenn das Bewusstsein in Einheit mit der Atmung ist, ist es genau hier und jetzt. Dann verlieren alle Sorgen, alle Beschäftigungen des täglichen Lebens ihren Einfluss und ihre Macht. Dann ist hier und jetzt nichts, was uns beschäftigt, alles ist ruhig, alles ist in Frieden.

Es geht nicht darum, unsere Gedanken zu kontrollieren oder unsere Anhaftungen zu verdrängen. Aber hier und jetzt gibt es etwas, das unendlich wichtiger ist, als unsere Beschäftigungen über die Vergangenheit oder die Zukunft: diesen jetzigen Augenblick vollständig leben und alles andere beiseitelassen.

Manchmal haben wir den Eindruck, dass uns bestimmte Gedanken oder Sorgen ständig verfolgen. Sie kehren immer wieder in unser Bewusstsein zurück. Indem wir unsere Konzentration zurück auf Haltung und Atmung bringen, lassen wir sie los und können sie als das betrachten, was sie sind. Wir erkennen, dass diese Gedanken in Wirklichkeit nichts Beständiges, nichts Festes sind. Gedanken sind wie Wolken am Himmel. Sie kommen und gehen und haben keine Substanz, daher können wir sie loslassen. Erst wenn wir ihnen anhaften, wenn wir ihnen eine Wichtigkeit beimessen, erscheinen sie uns real und unüberwindlich.

In Zazen findet alles seinen rechten Platz wieder, weil wir uns auf das, was wir gerade tun, konzentrieren: einfach völlig sitzen und eins mit der Atmung sein. Das Gleiche gilt für den Alltag. In jedem Augenblick sind die Haltung, die Atmung und die Handlung, die man gerade ausführt, am wichtigsten. Man handelt aufmerksam und führt die Handlung bis zum Ende aus.

Auch wenn wir großen Wert auf die Atmung, die Körper- und die Geisteshaltung legen, ist Zazen keine Meditationstechnik, die zielgerichtet durchgezogen werden muss. Wir bleiben einfach ganz in der Gegenwart, ohne besondere Absichten, ohne ein Resultat erreichen zu wollen, nicht einmal Satori, das Erwachen.
Das Zazen, das wir praktizieren, ist keine Methode, um etwas zu erreichen oder loszuwerden. Übt man Zazen wie eine Technik aus, verliert es seine befreiende Kraft. Wenn wir es aber mit einer reinen Aufmerksamkeit und ohne Absicht, ohne Hintergedanken praktizieren, wird diese Praxis augenblicklich Erwachen und Befreiung. Genau auf diese Weise wurde das Erwachen Buddhas weitergegeben: in der täglichen Praxis.

RoSi-0309 08/2018

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