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Guckst Du | Texte | Kusen - Mündliche Unterweisungen im Dojo

Die Suche nach der Quelle

Wenn wir Zazen praktizieren, sitzen wir vor der Wand. Wer in der Natur Zazen machen möchte, setzt sich vor einen Baum oder einen Felsen, denn der Sinn unserer Praxis ist es, den Blick nach innen zu wenden und unsere wahre Natur zu erhellen.
Wenn wir unseren Blick nach innen richten, werden wir anfangs aller möglichen Phänomene gewahr, die sich in unserem Geist tummeln: Gedanken, Gefühle, Wünsche, Erinnerungen, Bilder, Vorstellungen. Wer sich auf diese Phänomene, diese Gedanken einlässt, wer ihnen folgt, kann nicht den tiefen Sinn der Praxis entdecken.

Ein Gedanke taucht auf. Woher kommt dieser Gedanke?
Ich sitze auf dem Kissen im Zazen. Wer oder was ist dieses Ich, das Zazen praktiziert? Dies ist das wahre Koan unserer Praxis.
Anstatt uns von den gedanklichen Phänomenen mitreißen zu lassen, richten wir unseren Blick auf ihre Quelle, auf ihren Ursprung, auf den Moment, in dem sie in Erscheinung treten. Das geht nur, wenn wir von Augenblick zu Augenblick völlig gegenwärtig sind, völlig im Hier und Jetzt.

Die Konzentration auf die Körperhaltung bringt uns immer wieder zurück zum Hier und Jetzt, zum einzigen wirklich konkreten Moment in unserem Leben. Während der Geist uns in virtuelle Welten führt, die oft nichts mit der gegenwärtigen Wirklichkeit zu tun haben, ist unser Körper immer hier, immer präsent. So bewirkt die Konzentration auf den Körper, dass unser Geist zur Ruhe kommt. Er wird dann wie ein weiter Spiegel, in dem sich alle Phänomene einfach nur reflektieren.
Aber wo waren sie, bevor sie erschienen? Wer den Ursprung, die Quelle sucht, entdeckt am Ende, dass sie nicht fassbar ist. Die Suche ist hier zu Ende, aber nicht weil er aufgegeben hat, sondern weil er erkannt hat, dass der Ursprung seines Lebens genauso wie der Ursprung aller Erscheinungsformen unfassbar ist. Wenn wir uns darauf einlassen, wenn wir uns ohne Bedauern damit harmonisieren, verwirklichen wir einen Geist, der auf nichts stagniert und sich so mit der Unbeständigkeit in Einklang bringt.

Nun sucht der Mensch gerne nach Sicherheit, nach Mustern, nach etwas Dauerhaftem, etwas Festem, auf das es sich berufen oder stützen kann. Er hat allerlei Begriffe erfunden und Konzepte entwickelt, um Unerklärliches greifbarer zu machen, um zu versuchen, eine Art Substanz zu finden, die andauert.
In der Tiefe jedoch ist nichts fassbar, weil alles unbeständig, unbegrenzt und unmöglich vom Ganzen zu trennen ist. Auch wir selbst können uns nicht vom Ganzen trennen, genauso wie die Welle nie vom Ozean getrennt ist. Unsere Haut ist nicht unsere Grenze. Wir existieren durch eine Vielzahl von Ursachen und wechselseitigen Beziehungen. Diese wechselseitigen Beziehungen sind die tiefe Wirklichkeit unseres Lebens. Das ist es, was man Buddha-Natur nennt: mit allen Existenzen in wechselseitige Beziehungen stehen.

Um wirklich mit ihnen in Einklang leben zu können, ist es wichtig, dass wir aufhören, Konzepte zu bilden und vorfertigen Ansichten und Vorstellungen anzuhängen. Nur dann können wir von Augenblick für Augenblick unseren Blick auf die Quelle richten.
Es ist nicht zufriedenstellend, Blätter und Zweige zu sammeln, sondern man muss zur Wurzel gehen und vielleicht auch erkennen, dass die Wurzel selbst unfassbar ist. Aber sie ist nie vom Rest der Welt getrennt, so wie die Quelle nicht vom Himmel getrennt ist und auch nicht vom Regen, von den Wolken, vom Ozean, von der Sonne, vom ganzen Universum.

RoSi 1505-03/2017